
Steuerliche Weichenstellung 2025 – der Koalitionsvertrag zum Thema Gewerbesteuer
Von Britt Heudorf, Expertin für virtual office und Domiziladressen
Gewerbesteuer leicht erklärt: Wer zahlt – und wer nicht?
Die Gewerbesteuer ist eine Einnahmequelle für Städte und Gemeinden. Kommunen mit einem niedrigen Gewerbesteuerhebesatz sind für Unternehmen aufgrund von stuerlichen Vorteilen interessant. Doch wer muss Gewerbesteuer abführen und wer nicht?
Gewerbesteuerpflichtig sind alle Gewerbetreibende. Daher ist das Thema Gewerbesteuer auch für kleine Unternehmen oder sogar Solo-Selbstständige ein wichtiges Thema. Selbstständige, die einen freien Beruf ausüben sind von der Gewerbesteuer nicht betroffen. Darunter fallen wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten. Einzelunternehmer und Personengesellschaften genießen bei der Gewerbesteuer einen Freibetrag von 24.500 Euro. Als Bemessungsgrundlage gilt ausschließlich der Gewerbeertrag. Das bedeutet: Solange der Gewinn diese Grenze nicht überschreitet, fällt keine Gewerbesteuer an. Erst wenn der Gewinn über dem Freibetrag liegt, wird nur der darüber hinausgehende Betrag besteuert. Aus diesem Grund bevorzugen viele Unternehmen mit höheren Einkünften einen Standort für ihren Firmensitz mit einem niedrigen Hebesatz für die Gewerbesteuer.
Geht es den Steueroasen an den Kragen?
Mit dem 144 Seiten starke Koalitionsvertrag ((https://www.koalitionsvertrag2025.de) für die 21. Legislaturperiode nimmt die neue Bundesregierung die Gewerbesteuer Regelung in den Blick. Eine geplante Anhebung des Mindesthebesatzes könnte massive Auswirkungen auf so genannte Steueroasen wie Grünwald 240%), Monheim (250%) oder Zossen (270) haben.
Die Bundesregierung plant eine Anhebung der Gewerbesteuer auf den Mindesthebesatzes von 280 Prozent. Vorrangig soll diese dazu dienen sogenannte Gewerbesteueroasen zu vermeiden und einen fairen Wettbewerb zwischen den Kommunen zu gewährleisten.
Was steckt hinter dem Vorhaben, welche Folgen drohen Unternehmer:innen – und wie realistisch ist die Umsetzung in dieser Legislaturperiode?
1. Was sieht der Koalitionsvertrag 2025 zur Gewerbesteuer vor?
- Erhöhung des Mindesthebesatzes: Der Mindesthebesatz der Gewerbesteuer soll von 200% auf 280% steigen.
- Bekämpfung von Scheinsitzverlagerungen: Der erhöhte Hebesatz soll verhindern, dass Unternehmen ihren Sitz nur zum Zweck der Steuerersparnis in Gemeinden mit niedrigen Hebesätzen verlagern.
- Faire Wettbewerbsbedingungen: Der erhöhte Gewerbesteuerhebesatz sollen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Kommunen reduziert werden, die durch die unterschiedlichen Hebesätze entstehen.
2. Ziele der Erhöhung: Faire Wettbewerbsbedingungen
Ausgewählte Gemeinden reduzierten oder hielten bewusst den Gewerbesteuersatz niedrig, um Unternehmen anzusiedeln. Die Anhebung des Mindesthebesatzes soll dieser Praxis entgegenwirken und eine gerechtere Verteilung der Gewerbesteuer ermöglichen.
3. Wie wahrscheinlich ist die Umsetzung auf Gesetzesebene
Grundsätzlich hat ein Koalitionsvertrag „Kompromiss Charakter“ und dient zur Verständigung unter den Parteien. Was eine Partei als Ziel nennt, wird dann oft abgeschwächt oder verwässert umgesetzt.
Die Umsetzungsrate rückblickend auf 20 Jahre liegt bei den unterschiedlichen Koalitionen um die 50%. Auch dauert die Umsetzung oft viel zu lange, dass den Parteien die Zeit in der Legislaturperiode ausgeht.
Grundsätzlich werden meist zweitrangigen Punkte in einem Koalitionsvertrag realpolitischen Zwängen unterworfen. Unvorhersehbare Ereignisse wie Wirtschafts- oder Flüchtlingskrisen, Corona oder Krieg können Prioritäten verschieben.
4. Wie realistisch ist die Umsetzung bis 2029 und wir lange würde das dauern?
Im optimalen Verlauf eines wichtigen Gesetzentwurfs dauert es von der Einbringung bis zur Verkündung ca. 3 Monate. Durchschnittlich dauert der einfache Zeitplan eines wichtigen Gesetzes, das alle Parteien befürworten, ca. 9 Monate. Umstrittene oder unwichtige Gesetze deutlich länger.
Gerade im Hinblick auf die derzeitige unruhige Lage im Nahen Osten, Ukraine sowie die innenpolitische Querelen in Bezug auf die dramatische Akzeptanz der AfD und die Unzufriedenheit der Bevölkerung, was die Umsetzung der wirklich wichtigen Punkte des Koalitionsvertrag angeht, ist ein schneller Gesetzentwurf und Zustimmung durch Bundestag und Bundesrat derzeit aus unserer Sicht unwahrscheinlich.
Fazit: Handlungsbedarf oder Abwarten?
Aus unserer Sicht besteht noch kein Grund zur Besorgnis. Die Umsetzung der Anhebung der Gewerbesteuer auf min. 280% kann noch lange dauern. Auch würde dies den so genannten Steueroasen nur noch mehr Geld in die Kassen spülen, weil sie ja aufgrund der vielen Firmen schlagartig noch mehr Geld einnehmen. Ferner würde kein Unternehmen die Gemeinde „fluchtartig“ wechseln, da die Unternehmen ja schon in der nun günstigsten angesiedelt sind.
07.08.2025
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